Diabetes mellitus im Alter: was Sie über Typ-1- und Typ-2 wissen müssen
Definition: Bei Diabetes mellitus
handelt es sich um eine Stoffwechselerkrankung, deren Leitbefund
die chronische Erhöhung des Blutzuckerspiegels ist. Der
Diabetes mellitus wird in die zwei Hauptformen Typ-1- und
Typ-2-Diabetes eingeteilt.1
Aktuelle Zahlen zu Diabetes mellitus
Diabetes mellitus gehört mit einer steigenden Tendenz zu
den großen Volkskrankheiten. Laut Schätzungen leben etwa
6 Mio. Menschen mit einer Diabetes-Erkrankung in Deutschland. Dabei
sind Frauen und Männer laut Angaben der International Diabetes
Federation (IDF) annährend gleichermaßen von der
Erkrankung betroffen. Nach Schätzungen der IDF wird bis zum
Jahr 2030 die Zahl der von Diabetes Betroffenen auf 8 Mio. Menschen
steigen, was einem Prozentsatz von 10 entspricht.² Damit die
Diabetesforschung in Deutschland noch weiter voranschreiten kann,
wurde das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung (DZD) ins
Leben gerufen. Das DZD hat es sich seit der Gründung zur
Aufgabe gemacht, nach Ursachen zu forschen und wirkungsvolle
Gegenmaßnahmen und Behandlungsansätze zu
entwickeln.³ Auch die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG)
verfolgt das Ziel eine noch wirksamere Prävention und
Behandlung der Volkskrankheit Diabetes mellitus voranzubringen. Die
DDG ist eine medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft in
Deutschland, die die Interessen von Ärzten in Klinik und
Praxis, Wissenschaftlern, Psychologen, Apothekern, Diabetesberatern
sowie anderen diabetologischen Experten vertritt.4
Diabetes mellitus Typ-1
Diabetes mellitus Typ-1 (früher auch
jugendlicher Diabetes genannt) zählt zu den
Autoimmunkrankheiten, der eine autoimmune Zerstörung der
insulinproduzierenden B-Zellen im Pankreas
(Bauchspeicheldrüse) zugrunde liegt. Bei Kindern und
Jugendlichen verläuft die Zerstörung der B-Zellen meist
sehr schnell. Erst wenn ca. 80-90% der B-Zellen zerstört sind,
machen sich die typischen Symptome bemerkbar, da die noch intakten
B-Zellen eine hohe Funktionsweise aufweisen. Wenn kein Insulin
im Körper vorhanden ist, kann
eine Körperzelle keine Glukose (Zucker) mehr aufnehmen und der
Blutzuckerspiegel steigt rasch an. Durch die vollständig
fehlende körpereigene Insulinproduktion ist der Stoffwechsel
labil und die Betroffenen sind auf eine lebenslange externe Zufuhr
von Insulin angewiesen. Beim
Typ-1-Diabetes handelt es sich also um einen
,insulinanhängigen´ Diabetes.1
Diabetes mellitus Typ-2
Beim Diabetes Typ-2 ist im Gegensatz zum Typ-1
Diabetes die körpereigene Insulinproduktion erhalten und in
Anfangsstadien der Erkrankung sogar erhöht. Entscheidend ist
hierbei, dass beim Typ-2-Diabetes eine sogenannte Insulinresistenz
vorliegt. Bei einer Insulinresistenz liegt ein vermindertes
Ansprechen der Körperzellen auf das Hormon Insulin vor.
Genetische Faktoren spielen beim Krankheitsbild eine entscheidende
Rolle, benötigen jedoch auslösende Faktoren wie z.B.
Überernährung, einhergehend mit Übergewicht und
Bewegungsmangel. Mit steigendem Alter und verstärkt durch
diese Faktoren nimmt die Insulinempfindlichkeit der Zellen vor
allem in den Muskel- und Fettzellen ab. Bildlich und einfach
erklärt werden die Wände der Zielzellen immer fetter. Das
Insulin kann so nicht mehr richtig andocken und die gewünschte
Reaktion in der Zelle auslösen, da die auf den Zellen wie
Antennen herausragenden Insulinrezeptoren überwuchert werden.
Da das Insulin nun seine Wirkung nicht entfalten kann, versucht der
Körper einen Ausgleich zu schaffen, indem noch mehr Insulin
ausgeschüttet wird. Die Rezeptoren werden durch das viele
Insulin dafür noch unempfindlicher, bis es schließlich
zu einer Erschöpfung der B-Zellen des Pankreas
(Bauchspeicheldrüse) kommt und so der Typ-2-Diabetiker auch
insulinpflichtig wird.5
Folgeerkrankungen des Diabetes mellitus
Ein chronisch erhöhter Blutzuckerspiegel verursacht
aufgrund von Schädigungen an den Blutgefäßen und am
Nervensystem diabetischen Folgeerkrankungen. Die diabetischen
Folgekomplikationen zeigen sich bei allen Diabetestypen und treten
bei einer schlechten Stoffwechseleinstellung wahrscheinlicher und
früher auf. Diabetische Spätschäden führen
unter anderem zu
- schweren Veränderungen der Netzhaut,
- einer chronischen Nierenschwäche,
- einer chronischen Erkrankung des Herzens,
- Durchblutungsstörungen und
- Nervenschädigungen.6
Unterschiede zwischen Typ-1- und
Typ-2-Diabetes1
|
Diabetes mellitus Typ-1
|
Diabetes mellitus Typ-2
|
Beginn
|
Meist Kindes-,
Jugend- und
junges Erwachsenenalter
|
Meist mittleres und
älteres Erwachsenenalter
|
Auftreten und Fortschreiten
|
Akut, relativ
rasches
Fortschreiten
bis hin zum
absoluten
Insulinmangel
|
Schleichend, über
relativen Insulinmangel
langsam
fortschreitend bis
zum absoluten
Insulinmangel
|
Ursache
|
Zerstörung
der ?-Zellen
im Pankreas,
autoimmuner
Prozess
|
Unterschiedlich
schwer ausgeprägte
Störungen der Insulinwirkung
(Insulinresistenz)
und der
Insulinsekretion aus
dem Pankreas
|
Körpergewicht
|
Meist normalgewichtig
|
Meist übergewichtig
|
Vererbung
|
Gering
|
Hoch
|
Stoffwechsel
|
Labil
|
Stabil
|
Symptome
|
Verstärktes Durstgefühl, vermehrtes Wasserlassen,
Gewichtsverlust, Müdigkeit,
schwerwiegende Stoffwechselentgleisung
|
Häufig keine oder unspezifische
Beschwerden, es kommt seltener zu schweren
Stoffwechselentgleisungen,
aber häufiger zu schweren Veränderungen der
großen und kleinen Gefäße sowie
Nervenschädigungen
|
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Hodeck &
Bahrmann, 2014, S. 9
Therapiemöglichkeiten Diabetes mellitus
Beim Diabetes Typ-1 muss therapeutisch direkt auf eine
Insulintherapie zurückgegriffen werden. Die Basis jeder
Diabetes Typ-2-Behandlng bilden die
nichtmedikamentösen Maßnahmen wie
regelmäßige Bewegung und eine leichte Änderung der
Ernährung. Werden die Therapieziele mit
nichtmedikamentösen Mitteln nicht erreicht, muss auch hier auf
eine medikamentöse Therapie zurückgegriffen werden.
Bewegung
Eine Steigerung einer gesunden Bewegung kann im Gegensatz zu
jeder Diät mit einer Steigerung der Lebensqualität und
Gesundheit verbunden sein. Die Bewegung stellt daher auch im Alter
einen wichtigen Therapiepunkt dar. In erster Linie ist es dabei
nicht das Ziel, eine Gewichtsabnahme zu erreichen, sondern
Muskelmasse zu erhalten oder noch weiter aufzubauen. Zudem wird
einer Bewegungseinschränkung entgegengewirkt, sodass eine
Selbstständigkeit und Unabhängigkeit im Alter erhalten
bleibt. Sogar schon die kleinsten Steigerungen der Bewegung, wie
kurze, aber regelmäßige Spaziergänge mit dem
Rollator zeigen schon ihre Wirkung.
Info: Körperliche Aktivitäten
in jedem Alter sind im Allgemeinen mit einer geringeren
Sterblichkeitswahrscheinlichkeit verbunden. Eine signifikante
Verbesserung zeigt sich bereits nach 15 Minuten Bewegung
täglich. Warum ist das so? Durch die Bewegung werden die
Aufnahme von Glukose (Zucker) und die Effektivität der
Insulinwirkung in den Körperzellen gesteigert.1
Ernährung
Insbesondere bei stark übergewichtigen Menschen mit
Diabetes sollten bezüglich der Ernährungstherapie
folgende Punkte beachtet werden:
- Nach Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für
Ernährung ist eine ausgewogene Ernährung wichtig, d.h.
eine mäßige Fettzufuhr (25–35 % Fett) sowie eine
stärkebetonte und ballaststoffreiche Ernährung:
45–60 % Kohlenhydrate, 10–20 % Eiweiße.
- Auch eine ausreichende Versorgung mit
Spurenelementen und Vitaminen sollte nicht fehlen, da
Übergewichtige häufig fehlernährt sind.
- Als sinnvoll wird zudem auch eine
Ernährungsberatung und eine umfassende Diabetesschulung
für Betroffene und ggf. des Ehepartners erachtet.
- Da Essen im hohen Lebensalter im Zusammenhang mit
Lebensqualität steht, sollten den Betroffenen keine zu
großen Lebensmitteleinschränkungen auferlegt werden.
Betroffene sollten in Anlehnung an ihre individuellen Gewohnheiten
eine ausgewogene Mischkost zu sich nehmen und auf die
Portionsgrößen achten.
- Frisches Obst oder Rohkost eigenen sich gut als
Zwischenmahlzeiten.
- Jegliche körperliche Bewegung ist gut und
stoffwechselrelevant.
Alkoholverzicht
Durch den Genuss größerer Alkoholmengen wird die
Zuckerbildung in der Leber gehemmt, wodurch es zu einer besonders
lang anhaltenden Unterzuckerung kommen kann. Dies zeigt sich jedoch
erst Stunden nach dem Alkoholgenuss. Je mehr Alkohol getrunken
wird, desto länger kommt es zu einer Hemmung der
Zuckerneubildung. Als Folge kommt es zu schweren, häufig
unbemerkten nächtlichen Unterzuckerungen. Jedoch richten sich
die Empfehlungen nicht auf einen endgültigen Verzicht auf
Alkohol, sondern auf eine gelegentliche und gemäßigte
Alkoholaufnahme. Frauen werden bis zu 10g Alkohol und Männern
bis zu 20g Alkohol am Tag empfohlen. In Verbindung mit einer
kohlenhydrathaltigen Mahlzeit ist sogar mit kaum spürbaren
Effekten auf die Blutzuckerverläufe zu rechnen. Demnach
dürfen Frauen ein Glas Wein, Sekt (etwa 100 ml) oder Bier
(etwa 250 ml) zu einer Mahlzeit konsumieren. Männer
dürfen entsprechend die doppelte Menge konsumieren. Die
Unterschiede in der Konsumempfehlung kommen durch den
unterschiedlichen Alkoholabbau des Organismus von Mann und Frau
zustande.1
Tipps zur Pflege daheim bei Diabetes mellitus
Je nach Grad ihrer individuellen Einschränkungen und
Situation benötigen pflegebedürftige Menschen mit
Diabetes mellitus eine auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene,
professionelle Unterstützung bei der Pflege daheim, bspw.
durch pflegende Angehörige, einen ambulanten Pflegedienst oder
eine 24-Stunden-Betreuungskraft. Eine 24h-Pflegekraft kann
betroffenen Personen z.B. bei der Messung des Blutzuckers
behilflich sein. Für das Spritzen des Insulins wird ein
ambulanter Pflegedienst hinzugezogen. Zudem können durch ein
wachsames Auge Komplikationen oder krankheitsbedingte Verletzungen
früher erkannt werden. Darüber hinaus kann im Falle einer
‚Rund-um-die–Uhr‘-Betreuung daheim die Motivation
der Betroffenen zu mehr Bewegung und einer gesunden Ernährung
gesteigert werden.
Weitere Informationen zu Erkrankungen und deren
Behandlung im Rahmen der 24h-Pflege daheim finden Sie
hier:
Quellen:
1.Hodeck, K., Bahrmann, A. (2014). Pflegewissen Diabetes.
Praxistipps für die Betreuung älterer Diabetes-Patienten.
Berlin, Heidelberg: Springer Verlag.
2. Deutsches Zentrum für Diabetesforschung. Zahlen.
Abgerufen am 08.07.2014 von
http://www.dzd-ev.de/themen/diabetes-die-krankheit/zahlen/index.html
3. Bundesministerium für Bildung und Forschung
(08.07.2014). Das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung.
Abgerufen am 11.07.2014 von http://www.bmbf.de/de/14064.php
4. Deutsche Diabetes Gesellschaft. Über uns. Abgerufen am
15.07.2014 von
http://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/ueber-uns/ziele-und-struktur.html
5. Vieten, M. (2007). Fallbuch Pflege. Krankheiten Verstehen 2.
Stuttgart: Georg Thieme Verlag KG.
6. Prinz, C. (2012). Basiswissen Innere Medizin.
Heidelberg: Springer Medizin Verlag.